Schamanische Aufstellungen

 

Im Zentrum einer Schamanischen Aufstellung steht die Frage nach den Wünschen der im Feld des Klienten vorhandenen Elemente (Ahnen, Krafttiere, Partner, Orte) und die Suche nach den Quellen seiner Kraft.
In einer Schamanischen Aufstellung wird in der ganzen Mannigfaltigkeit des Universums des Klienten nach Lösungen gesucht. Die Suche nach versteckter oder unbewußter Solidarität mit lebenden oder verstorbenen Familienangehörigen stellt nur eine mögliche Form der Konfliktlösung dar. Sie ist nur eine von vielen Möglichkeiten der heilenden Bewegung.
 

Die Kraft

Die Ausrichtung der Handlung in Schamanischen Aufstellungen liegt in der Suche nach versteckter oder blockierter Kraft im System des  Klienten und nicht in einer Suche nach Verstrickungen. Sie verfolgt damit eine therapeutische Orientierung, wie wir sie ganz ähnlich in der "lösungsorientierten" Psychotherapie (z.B. nach de Shazer) wiederfinden.

Kein Mensch besteht nur aus Familie. Betrachten wir das Feld der Grundvorausssetzungen unseres Daseins, so kommen wir natürlicherweise darauf, dass unser Dasein ohne unsere Eltern als Erzeuger nicht denkbar wäre und wir ihnen deshalb zu Dank und vielem mehr verpflichtet sind. Doch sehr bald sehen wir uns auch abhängig von Wärme, Luft und Nahrung. So lässt sich also bereits  auf einer sehr stofflichen Ebene eine grosse Anzahl von "Qualitäten" finden, mit denen wir als Quellen unserer Kraft und somit unseres Lebens in Verbindung stehen. Nur erahnen lässt sich darüberhinaus, wie mannigfaltig die spirituellen "Qualitäten" sind, welche über unser Leben wachen und uns beschützen.

Die Erfahrung aus Schamanischen Aufstellungen hat gezeigt, dass sich als hauptsächliche Vertreter der Kraft folgende Quellen lokalisieren lassen:

- unsere Seelen
- die Familie
- die Krafttiere
- die Hüter der Landschaft

Ziel der Schamanischen Aufstellungen ist es mit ihnen ein gutes Verhältnis herzustellen.

Seelen

Die für unsere Gesellschaft typische Vorstellung, als Mensch nur eine Seele zu besitzen ist eine historisch relativ junge. Interessanterweise geht die im Christentum als selbstverständlich empfundene Ein-Seeligkeit des Menschen auf Konzilbeschlüsse der Kirche zurück.

In den schamanischen Seelenvorstellungen wird davon ausgegangen, daß jeder Mensch mehrere Seelen besitzt. Diese Tatsache als diagnostisches Kriterium zu beachten, ist für den Ablauf - Fortgang einer Aufstellung von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Über Herkunft und Funktion der Seelen bestehen bei den indigenen Völkern sehr genaue Vorstellungen.
Sie sind durch Beobachtung der Vorgänge  um Geburt, Tod und der Dynamik im Leben der
Stammesmitglieder entstanden. Dies in einer Zeit, die frei war von den metaphysischen Spekulationen unserer Gesellschaft, aber geprägt von der sicheren Wahrnehmung der verschiedenen Wirklichkeiten in denen wir leben, durch die damals lebenden Schamanen.

Gesundheit entsteht, wenn wir uns im Einklang mit unserem Herzen (als zentralem Sinnesorgan unseres Körpers)und unseren Seelen (als zentralen Sinnesorganen unserer Gefühle) befinden. Dafür braucht es Kontakt zu diesen Organen. Aufstellungen können dazu dienen, diesen Kontakt herzustellen.

Nur wenn die "Familien-Seele" des Klienten unzufrieden ist oder gekränkt ist, oder sich nicht beachtet fühlt, wird das
Problem des Klienten sich in der Familie befinden. Dies erklärt, weshalb  Aufstellungen die ihren Schwerpunkt einzig uns allein in der Bearbeitung familiärer Verstrickungen haben, oft nicht die gewünschten Veränderungen im Leben des Klienten herbeiführen. Jeder Mensch ist mehr als nur Produkt seiner Abstammung.

Familie

Die Wichtigkeit der Familie, die in ihr enthaltene Kraft zur Verwirklichung unserer Ziele und Aufgaben wurde in vielen Büchern zur Familienaufstellung schon vielfältig dargestellt. Deshalb verzichten wir hier auf eine weitere Erläuterung.
Folgendes möchten wir jedoch zu bedenken geben: Jede Familie erlebt in der Abfolge der Generationen Zeiten, wo sie sehr stark ist und andere, wo sie geschwächt ist. Ein an und für sich schon geschwächtes System um Kraft zu bitten macht nicht viel Sinn. Was wir beobachteten ist,  dass sich Menschen ganz natürlich an anderen Kraftquellen zu orientieren versuchen, wenn sie bemerkt haben, dass ihr familiäres System als solches gerade eine schwierige Zeit durchläuft.
Schamanischen Aufstellungen können bei dieser Orientierung behilflich sein.

Krafttiere

In der schamanischen Vorstellung dieser Welt werden wir nicht nur von dem guten Wollen unserer Vorfahren begleitet, sondern ein jeder Mensch wird vom Moment seiner Geburt an von seinen Krafttieren und Verbündeten begleitet. Wir sind nicht alleine auf dieser Reise.
Den Krafttieren von Aufsteller und Klient wird in der Schamanischen Aufstellung eine große Bedeutung beigemessen. Die Krafttiere tragen das Bid der Lösung bereits in sich. Somit können sie zu jedem Zeitpunkt einer Aufstellung zur Richtigkeit einer eingeschlagenen Dynamik befragt werden. Schamanische Aufstellungen sind jedoch mehr als nur das Hinzunehmen eines Krafttieres zu einer klassischen Familienaufstellung.

Hüter der Landschaft

Mit den Hütern der Landschaft wird ein sehr altes Konzept angesprochen. Menschen bemerkten sehr früh in der Menschheitsgeschichte, dass auch Orte, Gegenden, Landschaften beseelt sind.
Diese Seelen wurden als Hüter der Berge, Hüter der Quelle, Hüter des Waldes, usw. angesprochen. Diese Hüter der Landschaft wurden als sehr mächtig betrachtet. Die modernen Staatsnamen stellen auf einer spirituellen Ebene Ansammlungen von Hütern der Landschaft dar. Es ist von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit, sich nach ihren Wünschen zu richten und sich so des "guten Wollens" dieser Hüter zu versichern.
 

Der Wunsch

Der beste Weg, die Kraft der im Feld des Klienten vorhandenen Elemente ins fliessen zu bringen, ist die Frage nach ihren Wünschen.
Die Schamanische Aufstellung steht damit für uns in der philosophisch-therapeutischen Tradition von Deleuze und Guattari, welche die Schizoanalyse, d. h. die Analyse der sich in der Krankheit (z. B. der Schizophrenie) manifestierenden Wünsche des Patienten, der Psychoanalyse vorziehen.

Der Blick ändert die Richtung.
Die klassische Familienaufstellung bearbeitet die im Rückwärts-blicken entdeckten Verstrickungen, Konflikte, usw.
Sie hilft den Klienten ihre aus kindlicher Liebe entstandenen Solidarisierungen mit ausgegrenzten Familiemmitgliedern aufzulösen. Diesem auf die Kindheit oder die Familienhistorie gerichteten Blick wird die Suche nach den im "Lebens-Feld" des nunmehr Erwachsenen Klienten entstandenen verborgenen Wünschen hinzugefügt.

Die so freigesetzte Energie eines "wunschlos glücklichen" Feldes steht dem Klienten nun für eine vorwärts gerichtete Bewegung zur Verfügung. Nur ein in seinem Wünschen erkanntes System garantiert eine im besten Sinne ganzheitliche
Heilung und hilft uns somit bei der Verwirklichung unserer Lebensaufgabe.
 

Die Teilnehmer einer Schamanische Aufstellungen

Schamanische Aufstellungen haben keine Zuschauer.
Jeder Teilnehmer trägt zum Gelingen der Aufstellung bei, auch diejenigen Teilnehmer, welche
zeitweise nicht als Stellvertreter im Feld stehen sind durch ihr Singen, ihre Gebete und ihr Rasseln Träger der Hoffnung auf eine gute Lösung.

Der Aufstellungsleiter spricht allen Aufstellungsteilnehmern die Kompetenz zu, schamanisch an dem Ritual mitzuwirken. Dies ist kein auf einer persönliches Vorliebe entstandenes Zugeständnis, sondern ein traditionell und in verschiedenen Kulturen (z.b. bei den Eskimo) vorzufindendes Ritual.

Treten in der Aufstellung Konflikte auf,

- welche durch die Seelenkraft des Stellvertreters in Kommunikation mit der Seele des von ihm repräsentierten Menschen nicht zu lösen sind,
oder
- welche die im Feld vorhandene versöhnende Kraft überfordern,

so werden auch immer wieder vom Aufstellungsleiter Einladungen an die Außenstehenden ausgegeben, sich in das Feld hineinzubewegen und unter Zuhilfenahme ihrer schamanischen Qualitäten (Krafttiere, Verbündete, sensitive Wahrnehmungen, Gesang), das Ihre dazu beizutragen, den Konflikt zu lösen.
 

Zur Frage des Schutzes der Stellvertreter

Das aus der klassischen Familienaufstellung bekannte Phänomen, nicht aus einer Stellvertreterrolle herauszukommen, erklärt sich aus schamanischer Sicht durch einen ungenügend beachteten Wunsch der Seele, welche man in der Aufstellung repräsentiert hat.

Lösung würde hier entstehen, durch ein nochmaliges Eingehen auf die Wunschkonstellation derjenigen Seele, welche an einem haften geblieben ist.

Schutzhandlungen, - und übungen widersprechen dem zentralen Anliegen einer Aufstellung; - nämlich einen möglichst präzisen und starken Kontakt mit den zu repräsentierenden Elementen des Feldes des Klienten herzustellen.

Schutzfunktionen haben per se den Charakter eines "Aus-dem-Kontakt-gehens". So schützen sowohl der Gartenzaun des Eigenheims, wie die Security-Leute des Großkonzerns ihre Besitzer vor Kontakt mit ungebetenen Gästen.

Schutz erleben wir über die alltägliche Gewissheit, jemandem etwas zu bedeuten, unter dem Schutz unserer Geliebten, Freunde, Lehrer, Krafttiere, Engel, usw. zu leben.
Die Furcht vor Schutzlosigkeit und die dadurch entstende Möglichkeit von Besetzungen ist jedoch auch dem schamanischem Welterleben bekannt, doch müssen wiruns hier fragen: "Wer läuft denn Gefahr besetzt zu werden ?"
Dem homöopathischen Gesetz der Ähnlichkeit folgend, doch nur derjenige, der selbst besetzen oder besitzen möchte. Nur das Ähnliche ist in der Lage, uns zu erreichen.

Wer in der Alltäglichen-Wirklichkeit Schwierigkeiten hat, ein Bewußtsein für die ihn schützenden Elemente seines Systems zu entwickeln, sollte möglicherweise gänzlich darauf verzichten, an Aufstellungen teilzunehmen.
 

Die Menschen, die Vorstellungen, die Wirklichkeiten

Der Mensch ist, wie alles, was in dieser Welt lebt, ein äußerst vielschichtiges Wesen und dieser Tatsache sollten wir vermehrt Beachtung schenken. Die Anerkennung der Vielschichtigkeit aller Handlungen und Daseinszustände zeichnet eine Kultur und damit auch die in ihr vorkommenden Therapieformen aus.

Für eine ganze Weile haben wir gedacht, daß unsere Kultur eine Art Krönung menschlichen Daseins auf dieser Welt darstellt, doch zunehmend müssen wir erkennen, daß die alten Völker über Zugänge und Wissen zum Leben und zum Erhalt dieses Planeten verfügten, die in ihrer Fülle einzigartig und unverzichtbar sind.

Schamanische Aufstellungen sind EINE Möglichkeit, die in unserem Leben anstehenden Konflikte unter Zuhilfenahme von Informationen aus einer anderen Wirklichkeit zu betrachten.

Sie helfen uns, die Mythen, die wir zu unserem Leben entworfen haben, nochmals neu zu überdenken und somit zu gestalten. Denn erstens ist alles anders und zweitens, als wir es uns gedacht haben.

Sven Sauter/Josefine Rob  im Winter 2003/2004
 



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